Marokko – Frühjahr 2018

المغرب في الربيع
Marokko Fruehjahr 2018

Schon die Beschreibung der USA-Reise von 2016 begann ich damit, dass wir eigentlich etwas anderes
geplant hatten und dann kurz vor Hosenknopf anders entschieden. Dort ging es jedoch nur um den
Zeitraum. Bei dieser Reise hingegen aenderte sich das Ziel staendig. Denn erst wollten wir in den Iran
fahren, also mit dem WoMo nach Sueden durch die Tuerkei und Aserbaidschan und dann in den Iran, uns
dort einige Wochen herum treiben, dann auf dem Rueckweg bei Behnaz und Kamran in Tabriz bei der
Aprikosenernte helfen und uns schliesslich wieder nach Norden und Deutschland arbeiten. Im Zuge
seiner Ermittlungen zur Reisevorbereitung fand Josef jedoch heraus, dass unser supersauberes Euro-6-
Auto den Diesel im Iran nicht verdauen kann. Denn es vertraegt nur einen Schwefelanteil von 50 ppm,
der iranische Diesel hat jedoch dank der endlosen Sanktionen des Westens und der damit
einhergehenden Ueberalterung seiner Raffinerien einen Anteil von bis zu 7000 ppm! Satz mit X also. Nun,
wir sind ja flexibel und ueberlegten statt dessen, in Europa zu bleiben, Spanien und Portugal ein bisschen
unsicher zu machen, erwogen noch, das WoMo anschliessend in Suedspanien zu parken, fuer ein paar
Wochen nach Hause zu fliegen, um dann die Reise nach Marokko fortzusetzen. Je naeher der Zeitpunkt
unserer Abreise kam, desto weniger Lust hatte ich, in Europa zu sein. Als ich das dann endlich aeusserte,
beschlossen wir kurzerhand, Spanien und Portugal einstweilen auszulassen und direkt nach Marokko zu
reisen. Damit ging es mir deutlich besser. Keine Ahnung, warum. Wir buchten also fuer den 25.2. eine
Faehre von Sete in Suedfrankreich kurz hinter Montpellier, nach Nador in Marokko.
Am 21.2. sollte es also losgehen. Wollten Johann im WoMo mitnehmen und im Konvoi mit Alex, Simone
und Arno bis nach Jouvernaisinaz fahren, wo Mami Claude das Elternhaus uebernommen hat und auf uns
alle wartete. Daraus wurde nix, weil unser kleiner Johann krank wurde. Als er einigermassen wieder
hergestellt war, fuhren wir schliesslich am Donnerstag, 22.2. los. Auf Hoehe von Engen fiel mir ein, dass
wir vielleicht mit Mazen einen Tee trinken koennten. Und siehe da, er hatte Zeit, so dass wir kurz den
Umbau des Hauses bewundern konnten. Als wir dann weiterfuhren und es schon Mittag war, fiel uns ein,
dass wir eigentlich dennoch bei CLaude vorbei fahren und mit dem WoMo bei ihr im Hof uebernachten
koennten. Gesagt, getan. Sie freute sich, hatte sie doch eigentlich mit uns allen, einschliesslich Viola und
einer Freundin gerechnet und saemtliche Betten im Haus bezogen. Unkompliziert wie sie ist, machte es
ihr nicht nur nichts aus, dass wir erst um ca 21:00 ankommen wuerden; nein, sie verwoehnte uns auch
noch mit einem gemuetlich im offenen Kamin lodernden Feuer, Fischfiletchen aus dem Lac Leman,
Champus vorweg und gutem Wein zum Essen. Es war ein sehr schoener Abend. Und ich war froh und
dankbar, nicht im kalten WoMo schlafen zu muessen.
23.2.
Nach einem entspannten Fruehstueck fuhren wir am Genfer See los und Richtung Montpellier. Mir fielen
noch Maria und Cees ein, die irgendwo an der suedfranzoesischen Kueste eine Wohnung besitzen und
sich dort vor Kurzem zur Ruhe gesetzt haben. Ich rief an, um zu sehen, ob wir sie vielleicht treffen, evtl
mit dem WoMo bei ihnen vor dem Haus naechtigen koennten. Aber es waere ein allzu grosser Umweg
gewesen, da sie bei Cannes wohnen. Vielleicht klappt es auf dem Rueckweg in ein paar Monaten.
Wir peilten nun die Camargue, das Muendungsdelta der Rhone an, die auf dem Weg liegt. Ich kannte den
Namen aus meinen Franzoesischbuechern und hatte irgendwas mit weissen Wildpferden im Kopf, wusste
aber bis zu dieser Reise gar nicht, wo sie liegt. Wie ignorant. Asche auf mein Haupt. Auf der anderen
Seite: Wieviele Franzosen wissen wohl, wo Ostfriesland liegt?
Kamen also ca 17:00 am aeussersten Zipfel der Camargue in Saintes Maries de la Mer an, machten einen
Strandspaziergang, fuhren zurueck ins Dorf und assen dort zu Abend. Das Dorf hat im Winter 2600
Einwohner, im Sommer bis zu 40.000. Um diese Zeit sind nur wenige Touristen da, und die ganzen
Ferienwohnungen und-haeuser liegen noch verwaist da, die meisten Restaurants und Cafes sind noch
geschlossen. Schoene Stimmung, die Leute im Dorf entspannt und freundlich.
Am Nebentisch sass ein luxemburgisches Ehepaar. Wir konnten die Sprache nicht recht verorten, und ich
musste sie schliesslich fragen. Sie sprachen sehr gut Deutsch – wohl alle Luxemburger, wie sie uns
erklaerten. Ebenso gut sprechen sie Franzoesisch. Die beiden waren in Josefs Alter und reisen auch viel
mit dem WoMo herum. Sie ist blind, wie sie uns erklaerte. Krass. Hatte einen Riesenpudel als
Blindenhund dabei, der sehr schmusig seinen Kopf in meinen Schoss bettete. Wie das wohl geht? Man
reist ja viel um des Sehens willen, sollte man meinen. Ihr Mann wuerde ihr alles erklaeren, was er so
sieht. Sie waren sich gegenseitig Jugendliebe, hatten sich jedoch aus den Augen verloren, jeweils
geheiratet und Kinder bekommen. Seine Frau ist an Leukaemie gestorben, ihr Mann hat sie verlassen.
Irgendwann hat sie ihn im Internet gesucht und wiedergefunden. Nun sind sie seit ca. 7 Jahren
zusammen, und vor etwa 7 Jahren begann auch ihre allmaehliche Erblindung. Trotzdem wirkte der Mann
auf mich ueberhaupt nicht traurig oder bitter – im Gegenteil. Schoene Geschichte, die sie da mit uns
geteilt haben.

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