Reisebericht
Oman Maerz 2016
Freitag, 26.2.2016
Tanja kam abends mit der Swiss an. Eigentlich haette sie zusammen mit Barbara im Januar kommen, 2
Wochen bleiben und mein LH-Farewell bei uns im Garten miterleben sollen. Aber dann kam alles anders.
Baba starb am 17. Januar, und Barbara und Tanja beschlossen, bei mir in Aich zu sein, um mir bei der
Trauerfeier beizustehen, wofuer ich sehr, sehr dankbar war, obwohl ich ihnen gleichzeitig von Herzen
und ohne jeglichen Groll die Tage im Haus in Dubai gegoennt haette.
Tanja wollte sich dennoch gebuehrend von Dubai verabschieden, so dass wir beschlossen, unsere OmanReise, die Josef und ich fest geplant hatten, sobald der Container weg ist, zu dritt zu machen. Wir hatten
ihr geraten, um dem Umzugschaos zu entgehen, nach Muscat zu fliegen, wo wir sie abgholt haetten.
Aber sie kam also am Freitag Abend an, wollte sich auch vom Haus verabschieden und war mitten drin
mit uns im Kistenchaos. Sie hatte ihren Rueckflug schon for Anreise umgebucht, weil wir mit Patrick,
Ranata und Heide das Wochenende 9. auf. 10.3. auf den Damanyat-Inseln verbringen wollten. Allein das
Wetter war uns nicht recht hold und aus dem Inselaufenthalt wurde nichts, was aber die Dramaturgie
insgesamt nicht beeintraechtigte!
Samstag, 27. und Sonntag 28.2.2016
Morgens kam ein Trupp philippinischer Packer von Allied Pickfords, unserer Umzugsfirma. Sie waren
superfleissige Frohnaturen, jeder nebenher auch noch ein Verpackungskuenstler, der Cristo Respekt
abgerungen haette; sie witzelten und lachten und packten und schleppten dabei unendlich. Die SalesDame hatte uns ca 32 Fuss attestiert, so dass wir einen 40-Fuss-Container bestellt hatten. Aber der
Supervisor der Jungs guckte sich um, beschloss, dass er mit 20 Fuss auskommt, und schaffte das auf den
Kubik-Inch genau! Es war eine Heldenleistung. Wir vergolten es ihnen mit zweimaligem Kentucky-FriedChicken-Fressgelage im Garten und viel Lob und Anerkennung. Lauter Klasse Jungs!
Haben noch unser Camping-Zeug gepackt, so dass wir morgens ruck-zuck fertig sind und auf die Piste
koennen. Waren abends noch bei Cousine Aida, um Haenger, Kuehlschrank und Fufus Bett weg zu
bringen. Nachbarin Laila buk uns zum Dank ein megagehaltvolles Brot, das wir im gArten bei Bier
abwarteten und dann ofenfrisch mitnahmen. (Hat uns 6 Tage lang ernaehrt!)
Montag, 29.2.2016
Puenktlich um 10:00 kam unser Maintenance Fritze von Al Gurg, Nirmal Singh mit Entourage zur
Uebergabe der Villa. Markus, der das Haus uebernommen hat, kam ebenfalls. Alles gut, alles in Butter.
Um 11:00 Abfahrt. Verbringen eine ganze Stunde an der Grenze, weil die tollen Jungs von der
Immigration vergessen haben, Tanja bei ihrer letzten Ausreise als „ausgereist“ in ihrem Computer zu
vermerken. Hatten da aber einen netten und kompetenten Burschen, der es richten konnte. Al hamdu
lillah!
Halten an der Festung in Ibri, und „Schmeissfliege“ Ayoub, selbsterklaerter Historiker und Fuehrer
(eigentlich ein arbeitsunfaehiger Spross, der mit den Almosen der Touristen zum Familieneinkommen
beitraegt) verleidet uns ein bisschen die Besichtigung. Fluechten schliesslich.
Muessen uns aber ohnehin sputen, denn wir haben ein Date mit Juergen und Ruth, unseren beiden
MAN-Truck-Weltreisenden aus Dubai. Die hatten gerade 2 Monate im Oman verbracht und waren nun
auf der Rueckreise. Also hatten wir uns im fuer uns 1. Wadi nach, fuer sie den letzten Wadi vor der
Grenze verabredet: Wadi Dhamm beim Jabal Misht. Dies war der erste Wadi, in dem wir 2007 auf
unserer allerersten Oman-Campingreise mit den Kindern die erste Nacht verbracht hatten, nach der wir
morgens unter dem Zelt eine (die einzige) Teppichviper fanden, die sich dort unter unsere waermenden
Koerper gekuschelt hatte. Seitdem heben wir jeden Morgen ganz gespannt das Zelt an und hoffen auf
eine Schlange, aber es blieb das einzige Mal.
Nun war das Wetter nicht so verlaesslich, sodass eine Uebernachtung im Wadi wegen eventueller
Springfluten keine gute Idee gewesen waere. Also warteten sie mit gegrilltem Lachssteak, Wein, Bier
(hatten sie extra fuer den Anlass aufgehoben!), Salat und sogar Nachtisch auf einem kleinen Plateau
oberhalb der Schlucht.
Die Nacht war dann besonders fuer Tanja und mich eher unruhig (Josef schlaeft immer und ueberall wie
in Abrahams Schoss!): wir beide schoben also die ganze Nacht Wache, und besonders Tanja hatte nach
Lektuere ihres Kindle-Krimis schlimmste Befuerchtungen, malte sich aus, dass unsere Nachbarn uns mit
Lachssteaks eingelullt haben, um uns dann nachts zu meuchelmorden. Wer kannte diese Leute
schliesslich, wer hatte eine Ahnung, was sie wirklich im Schilde fuehrten? Ich lag auf meinem
Mattenlager und lauschte einem Geraeusch, das klang, als wuerde sich ein Tier ungefaehr an Josefs
Kopfende durch die Zeltplane fressen. Naja, unruhige Nacht halt – wie beinahe jede Zeltnacht fuer mich.
Dienstag, 1.3.2016
Der Traum aus Tanjas schlafloser Nacht, der liebe Juergen, stand morgens um 7:00 wie versprochen mit
einer Tasse frisch gebrauten Kaffees vor dem Zelt! Es gab dann noch ein gemuetliches gemeinsames
Fruehstueck, und dann verabschiedeten wir uns voneinander mit dem Vesprechen, in Kontakt zu bleiben
und uns hoffentlich auf irgendeiner Reise wieder zu begegnen. Ruth und Juergen fuhren weiter nach
Dubai, von wo aus sie nach ein paar Tagen ueber den Iran nach Asien reisten. Wir fuhren hinunter in den
Wadi, der viel Wasser hat dieses Jahr. Josef sprang rein, aber Tanja und mir war’s zu kalt; wir machten
nur Katzenwaesche. Es kamen dann jedoch Wolken und fing an zu troepfeln. Und da man nie weiss, wie
das ausgeht im Wadi, und ob man sich nicht eventuell binnen Minuten in einer Flutwelle wiederfindet,
die alles fort reisst, draengten wir raus aus dem Wadi. Auf dem Weg begenete uns ein junger Omani,
der, wie alle uebrigens, grossen Gefallen fand an Josef omanischer Kopfbedeckung und darauf bestand,
ihm seine eigene nicht nur zu schenken, sondern sie ihm auch noch, mitsamt seinem eigenen Schweiss,
fachmaennisch um den Kopf zu wickeln. Ihre Grosszuegigkeit kennt keine Grenzen. Beim Hinauslaufen
ueber den Falaj erzaehlte er mir, wie er im vergangenen Jahr ein westliches aelteres Paar in der Wueste
verdurstend gefunden und gerettet habe. Sie waren mit nur einem Fahrzeug und viel zu wenig Wasser
allein in die Wueste gefahren, hatten sich hoffnunglos eingegraben mit dem Fahrzeug und sind dann los
gelaufen, hatten irgendwann aufgegeben, sich in den Schatten eines kleinen Busches gefluechtet und
dort auf den Tod gewartet. Stattdessen kam unser Omani. Er sagte, er sei ihnen vorgekommen wie eine
Erscheinung. Das glaube ich wohl!
Unser naechstes Ziel war die Festung von Jibrin bei Bahla. Wir hatten sie noch nie besichtigt, und sie ist
ganz hervorragend restauriert, eine riesige Anlage mit wunderschoenen grossen Raeumen und hohen
Decken, mit einem genial einfachen und doch hervorragend funktionierenden Belueftungsssystem, der
die Festung ganz wunderbar kuehlt. Die Raeume sind teilweise mit Teppichen und Wandkissen
moebliert; wir luemmelten uns in die durch den Raum ziehende kuehle Brise und machten ein
Nickerchen.
Einer der Waechter, den wir fragten, ob es regnen wuerde – Dauerthema auf dieser Reise – bot uns an,
neben der Festung untern einem Unterstand auf Kies unser Zelt aufzubauen, da wir dort sicher vor
Wasser waeren. Wir behielten es als Notption im Hinterkopf, fuhren dann jedoch zunaechst ins Staedtel,
goennten uns unsere allmittaeglichen Parathas mit Tee und fuhren nach Misfat Al Abriyeen, jenem
schoenen Dorf oberhalb des breiten Wadis, auf dessen einer Seite das Jabal Shams Massiv aufragt. Es ist
mit seinen schoen angelegten Terassenfeldern, auf denen Dattelpalmen stehen (in ihrem Schatten
Bananen, Zitrusbaeume, Mangos) und den wunderschoenen Lehmhaeusern seit Jahren im Explorer
Offroad-Fuehrer und damit recht ueberlaufen. Als wir vor 9 Jahren dorthin kamen, waren wir die
einzigen Touristen. Mittlerweile ist das alte Dort vollstaendig verlassen und die Bewohner haben sich auf
der andere Seite des kleinen Tals angesiedelt; es stehen Hinweisschilder mit Verhaltensmassregeln und
Wegweiser, und es gibt Gaestehaeuser (ein Einheimischer hat die Haeuser seiner Famile umfunktioniert.
Super!), in denen man uebernachten kann. Ich habe es mir angeschaut und hatte das Gefuehl, es waere
besser, ein festes Dach ueber dem Kopf zu haben. Aber Josef und Tanja wollten lieber das Abenteuer
Zelt. Also fuhren wir mutig in den Wadi Al Ghul, an denselben Schlafplatz, an dem wir schon einmal 2007
mit den Kindern uebernachtet hatten – nah am Dorf, in den Feldern. Der Abend war ruhig bei roter
Wurscht. Die Nacht war klatschnass. War ich froh, dass wir nicht nur das offene Tropenzelt, sondern
auch das feste, geschlossene dabei hatten! Es blitzte die ganze Nacht im Sekundentakt, donnerte und
regnete. Die zweite relativ schlaflose Nacht fuer Tanja und mich.
Mittwoch, 2.3.2016
Am naechsten Morgen kam die Sonne raus, und waehrend wir fruehstueckten, hing der gesamte Inhalt
des Zeltes ueber einem unserer zur Waeschleine umfunktionierten Fallschirmseile zum Trocknen. Die
Sonne tat ihr Werk, und wir konnten bald aufbrechen. Fuhren dann hinein in den Wadi, der mal Wadi
Nakhur, nach dem Dorf hinten im Wadi, mal Wadi Ghul, nach dem Dorf am Anfang des Wadi genannt
wird. Als wir im Dezember hier waren, konnte man nicht weit nach hinten fahren, weil die Regierung die
Piste nach dem letzten Regen nicht mit dem Bulldozer frei geraeumt hatte. Nun aber war sie bis weit
nach hinten frei, und wir sind gefahren bis kurz vor Nakhur. Wir ueberholten ein paar westliche
Fussgaenger. Hinten im Wadi begenete uns ein einzelner Mann, ein Deutscher. Wir plauderten, und er
erzaehlte uns ganz beeindruckt von der „Gumbe“, die so gross und tief sei, dass man „n Goepper“ rein
machen koennte. Fortan war jede Wasserpfuetze ne Gumbe, die danach bewertet wurde, ob man n
Goebber reinmachen koennte oder nicht – jedes Mal von dussligem Gelaechter begleitet! Sind im
verlassenen Dort herum spaziert und dann langsam zurueck zum Auto. Auf dem Rueckweg an der
„Dusche“, einem aus dem Berg ragenden schwarzen Plastikrohr, aus dem wunderbar und unerwartet
warmes Wasser auf Duschhoehe heraus sprudelt. Wuschen uns alle von oben bis unten.
Anschliessend sind wir hoch auf den Jabal Shams, wo Josef sooo gern im Zelt auf dem Plateau, direkt am
Abgrund mit Blick „into the heart of the beast“, wie der Explorer die Schlucht des Wadi Nakhur nennt.
Aber ich von der Vornacht traumatisierter Schisser verweigerte den Zeltdienst, und wir checkten ein in
die kahle und recht euphemistisch Jabal Shams Resort genannte Bungalow- und Zeltsiedlung ein. Wir
hatten ein festes Zelt, was zwar deutlich fester und vor allem wasserfester war als unser eigenes, das
jedoch aussentemperiert war – auf dem Jabal Shams also ca 10 Grad. Aber es gab richtige Betten, und
wir nahmen uns noch ein paar Decken aus dem Auto mit rein. Zunaechst aber heizte Josef unseren
Teekessel an und es gab teatime mit Keksen. Anschliessend machten wir einen
Sonnenuntergangsspaziergang an der Kante entlang und bereiteten die arme von Hoehenangst geplagte
Tanja auf unsere am kommenden Tag geplante Wanderung am Balcony Walk vor. Dann gab es
Abendessen, und das Resort, und somit auch der Speisesaal, war recht gut besucht. Ca. 30 Leute. Viele
Nationalitaeten, u.A. Franzosen, Schweizer, Deutsche. Meine Angst war dann unbegruendet, wie noch
einmal auf dieser Reise in den Wahiba Sands: Die Nacht war total ruhig. Tanja hat uns nachher im Bett
im Dunkeln mit ihrem selbst leuchtenden Kindle aus „Altes Land“ vorgelesen. War das schoen!
Haette Josef von Herzen das Zelt an der Kante gegoennt.
Donnerstag, 3.3.2016
Tanja ist vor uns raus, hat sich einen Tee geholt und in der ersten Morgensonne ein Lesestuendchen in
der Natur eingelegt. Nach dem Fruehstueck fuerchten wir angesichts des vollen Speisesaals eine
Voelkerwanderung auf dem Balcony Walk. Pustekuchen! In Khitaym, dem Ausgangsort des Weges, sind
die Doerfler noch nicht aus der Kiste. Und auf dem Hinweg sind wir die Einzigen. Erst als wir kurz vor
dem verlassenen Dorf sind holt uns eine kleine Gruppe von jungen hollaendischen Geologen ein, die wir
dann auch gleich loechern mit unseren Fragen. Unser „Dragon’s Mouth“ am Ende der Schlucht, ueber
der dieses total unwahrscheinliche Dorf scheinbar an die nackte Felswand geklebt ist, mitsamt seinen
Terrassenfeldern (ja, Terrassenfelder!) darunter und darueber eine mehrere hundert Meter senkrechte
Wand, ist ein normales Phaenomen, das wir nun, da wir es verstanden haben – herunterlaufendes
Wasser hat den Fels ausgehoehlt – immer wieder entdecken. Am Liebsten wuerden wir einen von ihnen
als Reisebegleiter einsacken, dass er/sie uns immer mal wieder erklaeren kann, was wir da sehen.
Oberhalb des Dorfes, an dem in noch unwahrscheinlicherer Lage gelegenen Pool (Riesen-Gumbe!), legen
wir eine Kekspause ein. Eine Ziege und ihr Junges tauchen aus dem Nichts auf – Ziegen sind immer und
ueberall im Oman – und wollen unser Vesper teilen. Wir verstecken die Kekse, aber Mama ist nicht
dumm: Sie weiss genau, dass wir was Leckeres haben und wartet lange bis sie aufgibt und sich trollt.
Aber Minuten spaeter, als sie die Keksverpackung in diesem natuerlichen Amphitheater weithin knistern
hoert, ist sie schwupp-di-wupp wieder da und belauert uns.
Es kommen nun noch weitere 5 – 6 Wandererpartien, als wir uns auf den Rueckweg machen. In Khitaym
sind die Frauen und Kinder des Weilers erwacht und versuchen, ihre kleinen Waren, Fossilien und aus
Schafwolle geflochtene Schluesselanhaenger, an den Touristen zu bringen. Sie erinnern sich nach
kurzem Geplauder an uns und fragen wieder nach dem Fernglas, wuerden es uns gern abkaufen, weil es
viel leichter waere, die Ziegen in den Bergen wieder zu finden. Ich muss einer der Frauen versprechen,
ihr naechstes Mal eines zum Kauf mitzubringen.
Fahren nun wieder runter vom Jabal Shams mit Ziel Nizwa. Im breiten Tal unterhalb vom Jebal Shams
Massiv angekommen, halten wir fuer einen Tee. Leider gibt’s keine indische Teebude, nur ein
jemenitisches Restaurant, der uns unseren ambulanten Tee im Pappbecher unbedingt schenken will, als
er hoert, dass ich Palaestinenserin bin – Leidensgenossin in Sachen Unterdrueckung und Krieg.
Wir halten in Tanuf, jenem Staedtchen, das die britische Luftwaffe in den 1060’er Jahren mit hunderten
von Bomben platt gemacht hat, weil der Vater des heutigen Sultan Qabus Al Said sich von Tanufs
Rebellen, die seine Herrschaft nicht akzeptieren wollten, bedroht fuehlte. Aus heutiger Perspektive ist
dieses „Overkill“ der Briten vielleicht eher damit zu erklaeren, dass diese ein Exempel statuieren wollten:
„Wir bestimmen, wer unsere ehemalige Kolonien und Mandatsgebiete regiert, nicht ihr selbst!“ Der Al
Said Clan war den Briten wohl genehm. In Tanuf ist der Wadi in seiner ganzen stolzen Breite von ca
100m ein braun sprudelnder Fluss. Die Omanis machen sich einen Sport daraus, ihn mit allen
erdenklichen Gefaehrten zu durchqueren, bleiben mit ihren Motocross-Maschinen haengen. Es gibt jede
Menge Schaulustige zu beeindrucken, einschliesslich uns – lohnt sich also, die Show. Wir klettern auf den
Falaj, der sich parallel zum Wadi an der Felswand entlang schlaengelt. Nach wenigen Metern ist er
allerdings so weit oben und wird das ganze so schmal, dass wir uns nicht weiter trauen. Ein paar junge
Maenner, die in ihren bluetenweissen Kandooras und mit Hut auch da oben herum balancieren –
allerdings wesentlich unerschrockener als wir – machen sich lustig ueber unser aengstliches Getrippel.
Ein paar Jungs sind noch weiter oben auf dem Falaj unterwegs, ca 30m unter ihnen der gurgelnde Fluss.
Kommen schliesslich nach Nizwa, trinken einen Tee in der Altstadt – zwar an einem sehr schoenen
Plaetzchen unter einem grossen Baum neben dem Eingangsportal des uralten Suq, aber bei einem recht
unangemehmen Inder, der sich offenbar gern mit westlichen Gaesten schmueckt. Sein Tee ist allerdings
nicht schlecht. Er zaehlt auf unsere Frage die Ingredienzen auf: Schwarztee, Kardamom, Ingwer, Minze,
ein Hauch Rosenwasser und auf eine recht grosse Menge Die Stadt Nizwa hat den Markt fuer Datteln,
Vieh, Gemuese, Obst und Fisch nach altem Vorbild neu erbaut, das Ganze mit einer Stadtmauer und
einem Stadttor versehen, und es ist atmosphaerisch wirklich gelungen. Aber der ganz alte Suq
zerbroeckelt allmaehlich. Es sind noch ein paar alte Haendler darin, aber mit ihrem Tod wird sicher der
alte Suq gaenzlich verlassen, wie all die alten Lehmdoerfer im ganzen Land. Wir fahren ins Hotel,
checken ein und gehen dann noch einmal in die Stadt zurueck, entdecken direkt hinter dem neuen
Markt einen ganz alten und recht grossen Stadtteil aus Lehmhaeusern mit gut 4 Stockwerken! Waren ja
schon mehrmals in Nizwa, aber das ist uns immer entgangen, weil wir immer ueber die heisse
Mittagszeit mit den Kindern dort waren und niemand Lust hatte, in der Gluhitze rumzulaufen. Nun also
stromern wir in der Dunkelheit lange hier herum und nehmen uns fest vor, am kommenden Tag bei
Tageslicht noch einmal zu kommen. Es ist ein beeindruckend grosses Areal, aber auch hier stehen
offensichtlich viele Haeuser leer. Wie schade, dass es fuer den Erhalt dieser wunderbaren Haeuser kein
Geld gibt! Wir begegnen einem scheinbar uralten, blinden Greis, der aussieht wie Abraham. Er kommt
aus einem der grossen Lehmhaeuser, tastet sich an den vertrauten Mauern entlang, vielleicht auf dem
Weg in die Moschee zum letzten Abendgebet.
In der Lobby gibt es wifi. Alle Touristen, viele Deutsche, luemmeln in der Lobby und kommunizieren mit
der Welt. Wir auch; es gibt im Oman oft nicht mal Handy-Empfang und ganz, ganz selten wifi; es bricht
auch immer wieder wegen Ueberlastung zusammen.
Schlafen wieder, wie immer auf dieser Reise, zu dritt in unserem schoenen grossen Zimmer im Diyar
Hotel, das voller deutscher Touristen ist. Jeder kann im eigenen Buch lesen zur Abwechslung!
Freitag, 4.3.2016
Stehen vor 7 Uhr auf, weil wir auf den Viehmarkt wollen, der immer nur freitags von 7:00 bis 9:00
stattfindet. Gehen also flugs ohne Fruehstueck los. Als wir nach Nizwa rein fahren, sind der grosse
Parkplatz im Wadi (in dem uebrigens von den letzten Ueberflutungen Autowracks herum liegen), sowie
alle angrenzenden Parkplaetze schon rappelvoll. Wir laufen Richtung Viehmarkt, vor uns zwei Jungen
mit offenbar sudanesischen oder somalischen Wurzeln, die ein paar Voegel in einem Kaefig tragen,
diesen bedenklich hin und her schaukeln lassen, sich offenbar nciht einig sind, durch welches der
Stadttore sie zum Vogelmarkt gelangen, bis der juengere der beiden schliesslich entnervt seine Seite des
Kaefigs fallen laesst, so dass der Henkel abfaellt. Tanja befestigt ihn wieder; die beiden gucken ein
bisschen erstaunt, gehen dann ungeruehrt und streitend mit ihrem Kaefig weiter, die Voegel pansich
herum flatternd. Der Viehmarkt ist schon in vollem Gang, als wir dazu kommen: Ueberall stehen Ziegen,
Schafe und Kaelber an Pfloecke gebunden. Menschen, zumeist Maenner und Jungen, vereinzelt ein paar
Frauen, stehen beim Vieh, schieben sich durch die Menschenmassen. Es ist laut. Die zu verkaufenden
Tiere werden am Strick im Kreis gefuehrt, wobei die Verkaeufer (offenbar Marktangestellte)
ununterbrochen der gewuenschten Kaufpreis rufen, bis sich Kaeufer naeher interessieren, die dann die
Tiere betasten, sich das Gebiss ansehen, die Euter befuehlen und zuschlagen, wenn fuer gut befunden.
Es ist ein Kamerateam da, auch einige Touristen, die, wie wir, dem mittelalterlich anmutenden Spektakel
recht gebannt zuschauen. Wir laufen noch ueber den Vogelmarkt Ueberall sitzen hauptsaechlich Jungen
auf dem Boden und bieten ihre Ware feil: Oft recht gerupft und laediert aussehende Voegel aller
Gattungen in ihren Kaefigen: Ziervoegel, Tauben, Huehner,…
Wieder im Hotel fruehstuecken wir draussen auf der Terrasse. Die meisten mit
Reissverschlussfunktionshosen und atmungsaktiven Wanderhemden Ausgeruesteten sind
dankenswerterweise schon weg! Anschliessend laufen wir noch durch die Altstadt. Was man daraus
machen koennte! Aber es waere wohl ein Fass ohne Boden, und die Regierung hat wahrlich andere
Probleme.
Machen uns auf den Weg zum Jabal Akhdar, auf dem Josef und ich auch noch nie waren. Am Fusse der
Serpentinenstrecke ist ein Polizeiposten, der Fahrzeuge ohne Allradantrieb zurueck schickt. Voellig
zurecht, wie wir bald merken. Alle paar Kilometer gibt es eine Nothaltestrecke fuer die Abwaertsfahrer,
denen die Bremsen zu heiss laufen: 200m lange, mit grobem Kieselsteinen gefuellte Strecken, die in
Plastikpuffern enden, falls man noch immer nicht zum stehen gekommen sein soltle. Scheint oefter zu
passieren.
Sind noch ein bisschen planlos, wo die spannenden Ecken hier oben sind und gehen erstmal Tee trinken,
Parathas futtern und Karten und Offroad-Fuehrer studieren.. Die Beschreibung in Letzterem ist ein
bisschen hinfaellig, denn hier oben auf dem Sayq-Plateau, wo es rund um’s Jahr 15 Grad kuehler ist als
unten und sechsmal mehr Regen faellt als sonst irgendwo im Oman, so dass es eine beliebte
Sommerfrische ist, ist es nicht mehr ganz so beschaulich wie dort beschrieben. Die Staedte hier oben an
der Plateaukante sind wohl sehr gewachsen in den letzten Jahren; es sind mehrere neue Hotels
entstanden – nicht ganz so nach sozialistischem Ferienheim aussehend wie sonst oft hier – ferner neue
Verwaltungsgebaeude, Moscheen, Wohngebiete und Polizei-Hauptquartiere. Letztere gibt es
projektiert, im Bau befindlich oder nagelneu fertiggestellt wie Sand am Meer in diesem Land, was nicht
wundert, gibt doch jeder zweite Omani, nach seinem Beruf gefragt, an, er sei Polizist – der jeweils andere
ist beim Militaer – und irgendwo muessen die ganzen Jungs ja rumsitzen den lieben langen Tag.
Aber noch ist der Tag jung, und wir wollen noch etwas sehen bevor wir uns um die
Lebensnotwendigkeiten wie essen und schlafen kuemmern. Auf meinem tollen neuen Tool „mapsme“,
einer App, die uns ein paar Franzosen im Dezember empfohlen hatten, Karten mit den kleinsten
Wanderwegen, die man fuer jedes Land downloaden und dann offline benuetzen kann, fanden wir eine
Serpentinenpiste halbwegs runter vom Plateau, die offenbar in einer Sackgasse in einem Dorf endet. Wir
fahren diese wirklich abenteuerliche, weil sehr steile, aber frisch gespurte Piste hinunter, begleitet von
Tanjas hoehenangstmotivierten „Josef, fahr nicht so weit rechts! Fahr weiter links!! Da geht’s runter!
Um Gottes Willen, Josef!….“ Feuertaufe! 3,5 km, 18 Haarnadelkurven, 1000 Hoehenmeter. Kommen
unten in Masirat al Rawajeh an, einem Doerfchen wie so viele: malerische Schlucht, plaetchernder Wadi,
das alte verlassene Dorf weiter hinten, der neue bewohnte Teil weiter vorn. Es ist zunaechst kein
Mensch zu sehen. Doch nachdem wir alles erkundet haben, taucht ein junger Mann auf, der uns, wie alle
hier, sehr, sehr freundlich und offen begegnet. Er erzaehlt uns, dass 25 – 30 Leute im Dorf leben, dass er
beim Militaer in Muscat stationiert ist, eigentlich nur ueber das Wochenende nach Hause gekommen ist,
dass dann jedoch der starke Regen die Piste zugeschuettet habe und er nun fuenf Tage „gefangen“ war
im Dorf. Aber er sagte, er fuehle sich nicht wohl im Muscat und komme gern so oft er koenne zu seinen
Eltern. Dies sagen uns immer wieder junge Maenner aus den Bergdoerfern, die fuer Polizei und Militaer
anderswo stationiert sind. Als wir so standen und plauderten, kamen noch der Bruder und dessen
Kinderschar; sie alle hatten den schoenen Tag am Fluss genossen.
Schliesslich brechen wir wieder auf und fahren zurueck hinauf auf den Jabal Akhdar. Vom Dorf Al Qasha
aus schauen wir auf das Tal unter uns. Die beruehmten Terrassen des Jabal Akhdar, die im OffroadFuehrer knallgruen sind, sehen verwaist und tot aus. Spaeter erfahren wir, dass sie sehr wohl noch
bewirtschaftet werden, nur noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht sind. Wir fragen einen jungen
Omani, Teil einer Gruppe von Wrangler Jeeps, die auch auf dem Plateau unterwegs sind und mit uns
gemeinsam hinunter schauen ins Tal, wo man hier eingiermassen geschuetzt vor Wind und Wetter
uebernachten koennte, und er zeigt vage weg von der Kante plateueinwaerts und meint, dort weiter
drinnen wuerden viele campen. Wir folgen einer Strasse weg von der Plaeteukante bis wir rechts eine
Art riesengrosse, flache, baumbestandene Mulde entdecken, wie wir spaeter heraus finden, Juniper
Valley, in der mehrere Picknick-Partien campieren. Dort finden wir ein halbwegs geschuetztes
Plaetzchen und bauen unser Camp auf. Die Temperatur sinkt rasch auf 15, dann 11, dann 7 Grad, als die
Sonne weg ist. Nach dem „Probeliegen“ auf unserem Zeltfundament, der Strandmatte, bauen Tanja und
ich das Zelt auf, waehrend Josef den rituellen Tee kocht und ein Lagerfeuerchen vorbereitet. Wir ziehen
eine um die andere Schicht an, essen, kuscheln uns um’s kleine Indianerfeuer und sueffeln unsere letzte
Flasche Wein (aus Ramallah!) aus; dann ab ins Zelt mit allen verfuegbaren Decken. Kuschelige und
ruhige Nacht.
Samstag, 5.3.2016
Nach dem allmorgendlichen Ritual des Fruehstueckens und Camp-Abbauens machen wir uns um 9 Uhr
auf die Piste, wollen nun endlich mal das beruehmte Herzstueck des Jabal Akhdar und Sayq-Plateaus
sehen, die Terrassendoerfer. Zuallererst fahren wir an „Diana’s Viewpoint“, tatsaechlich benannt nach
Princess Diana, die hier igendwann mal, als es auf dem Plateau noch sehr ruhig zuging und dies der
Einstieg zum „Village Walk“ war, gestanden und die Aussicht genossen haben soll. Heute ist hier eine
grosse Hotelbaustelle. Fahren zum Wadi Bani Habib, einem malerischen aber ebenfalls verlassenen Dorf
in einem kleinen Sackgassenwadi. Man parkt oberhalb des Dorfes und laeuft dann ueber eine Treppe
hinunter. Tanja und ich plaudern mit einer Omani Frau aus Salalah, die mit ihrem Mann, sie sind noch
kinderlos, unterwegs ist. Josef fuellt derweil unseren Wasserbehaelter. Die Farmen sind noch aktiv,
werden jedoch wie ueberall von Pakistanis gepflegt. Es gibt hier Granataepfel, Mandeln (sie stehen in
voller Bluete), Walnuesse, Feigen, Zwiebeln und vieles mehr. Herrlich. Fahren zurueck auf’s Plateau und
von dort in das Dorf Shirayjah. Ein Omani spricht uns an und laedt uns auf Kaffee und Datteln,
einzutunken in Sesampaste und Kokospulver, in seinen Majlis ein, ein schoenes Zimmerchen an der
Plateaukante mit Blick hinunter ins Tal, sehr schoen mit Matratzen und Kissen, sowie allerhand
historischen Waffen, Holzutensilien, etc. dekoriert. Mehrere seiner Soehne sind dabei, alle sehr hoeflich
und zurueckhaltend. Wir bedanken uns wortreich, er weist uns den Weg hinunter in die Terrassen und
geht mit den Jungen zum Gebet. Ein stufiger Steinpfad schlaengelt sich zwischen den Terrassenfeldern
am Falaj entlange im Zickzack runterwaerts. Der Falaj ist voll, ein richtiger Wasserfall, das Wasser
allerdings nicht klar wie sonst immer. Hier ahnt man schon, wie die Felder demnaechst explodieren
werden. Es wird eine Augenweide sein – dieses knallige Gruen zwischen den kargen Felsen. Endlich
sehen wir auch die beruehmten Rosenstraeucher des Jabal Akhdar, aus denen das ueberall verkaufte
Rosenwasser und Rosenoel gewonnen wird. Laut Offroad-Fuehrer gibt es hier ueberall kleine
Familiendistillen, die ihr eigenes Oel machen. Aber unser Dattel- und Kaffeegastgeber sagt uns, es sei
natuerlich die falsche Jahreszeit: Noch sind die Rosenbuesche winterkahl; man sieht schon die Kospen,
aber es wird noch 2-3 Monate dauern bis hier alles in voller Bluete steht. Schade! Ein Grund, noch
einmal herzukommen. Josef setzt sich in die Sonne und ruht sich aus, waehrend Tanja und ich noch ein
bisschen weiter turnen. Ein mittelaltes Ehepaar kommt uns keuchend, schwitzend und rotgesichtig
entgegen – gleich als Deutsche erkannt: Sie traegt Funktionshose und atmungsaktive Bluse. Man kommt
ins Gespraech. Sie sind aus Wiesbaden, er Rheumatologe. Es dauert nicht lange, und er haelt Josef und
Tanja medizinische Vortraege, befuehlt Tanjas Ueberbein an der Hand. Seine Frau verdreht lachend die
Augen. Zwischenzeitlich taucht der omanische Fahrer der beiden auf, der sie oben an der Kante mit den
Augen verfolgt hatte, aber zu faul war, mitzulaufen, und sich Sorgen machte um sie. Als Josef dem Doc
erzaehlt, er sei „Gentleman of Leisure“ und eigentlich, bis auf das Zelt, ohne Zuhause, singt er uns „Like a
Rolling Stone“ vor und klamft dabei die Luft. Hobbyrocker! Dabei sah er so bieder aus!
Ich habe Lust, in waermeren Gefilden zu uebernachten, so dass wir schliesslich wieder hinunter ins Tal
fahren. Im Offroad-Fuehrer stand, wenn es einem oben zu kalt sei, solle man hinunter fahren und von
Birkat al Mawz (woertlich: Bananen- Pool) aus in den Wadi al Mu3aydin. Zunaechst halten wir in Birkat
al Mawz, weil dort irgendein ganz besonderer Falaj sein soll, UNESCO-Weltkulturerbe. Wir finden dies
Besonderheit erst nach einigem Hin- und Herlaufen, wobei wir mehrmals daran vorbei laufen: Es ist
relativ breiter Falaj, gleich neben der Moschee, ueber den Platten mit Luecken dazwischen gelegt sind.
Man kann sich an die Luecken setzen, die Fuesse in das herrlich temperierte Wasser halten, was wir mit
Begeisterung tun. Erst spaeter kommt mir der Gadanke, dass das vielleicht der Moscheewaschplatz fuer
die Maenner ist und wir dort gar nichts zu suchen hatten. Aber es hat keiner gemeckert. Anschliessend
Tee- und Paratha-Pause. Fahren dann der Nase nach in den Wadi hinein und suchen ob des noch immer
unbestaendigen Wetters nach einem erhoehten Plaetzchen, sicher vor eventuellen Wassermassen. Nach
ca 7 km passiert der Wadi, der anfangs ewig breit ist, ein Dorf, macht danach einen scharfen Linksknick
und wird hier schlagartig recht schmal. Wir finden tatsaechlich so eine Art Terrasse ca 7m oberhalb des
Wadibetts. Hier stehen diverse Stallungen, und ein junger Mann arbeitet was. Wir fragen ihn um
Erlaubnis, dort zu zelten und werden, wie immer hier sehr herzlich aber zurueck haltend willkommen
geheissen. Er zeigt uns einen Wasserhahn, direkt vom Wadi gepeist, und eine Toilette mit Dusche und
sagt uns, wir koennten alles nuetzen. Es ist noch recht frueh, so dass wir noch zwei Stunden Tageslicht
haben. Waehrend Tanja und ich das uebliche Probeliegen-Laegerlebau-Prozedere erledigen, macht Josef
den obligatorischen Tee. Der jungen Mann bringt uns 3 frische Eier von seinen Huehnern, die ein paar
Meter von uns weg zufrieden in ihrem Gehege gackern. Die kleine Farm ist sehr sauber, aufgeraeumt
und gepflegt. Ganz ungewohnt. Als er noch einmal kommt, dieses Mal in Gesellschaft eines zweiten,
Juengeren, um die Schafe, Ziegen und Kuehe zu fuettern, laden wir sie zu Tee und Keksen ein und
loechern sie ein wenig ueber ihr Leben. Der Aeltere, Zayed, unser Gastgeber sozusagen, erzaehlt uns
dasselbe, wie schon manche zuvor: Er ist beim Militaer in Muscat, mag das Leben dort jedoch nicht und
faehrt so oft wie moeglich nach Hause ins Dorf. Mahmud geht noch zur Schule und weiss noch nicht so
recht, was tun. Sie erzaehlen uns, dass man durch den Wadi nach Masirat Al Rawajeh – das Dorf, zu dem
wir am Vortag die halsbrecherischen Piste vom Sayq-Plateau hinunter gefahren waren – laufen kann,
dass die Familien beider Doerfer verwandt sind, und dass man immer wieder zu Familienfeiern rauf und
runten laufen wuerde, selbst die ganz alten Leute. Auch sei es eine Trainingsstrecke fuer Soldaten, die
immer wieder dort hinauf gescheucht wuerden.
Als sie wieder weg sind, will Josef am Wasserhahn duschen. Als er eben voller Seife ist und sich
abduschen will mit einem Eimer, kommt nix mehr aus dem Hahn. Da war wahrscheinlich gerade die
Bewaesserungszeit unseres Gastgebers rum irgendeiner oben im Wadi hat das Wasser in einen anderen
Falaj geleitet. Er geht in das Bad; dort ist ein Wasserbehaelter auf dem Dach.
Sonntag, 6.3.2016
Wir haben eine herrlich ruhige Nacht, werden aber ca um 3 Uhr vom Hahn geweckt, der den Tag
reichlich frueh, lautstark und mit Ausdauer beherzt begruesst. Als Naechstes, so ca. 5Uhr poltert ein
Steinschlag in unserer unmittelbaren Naehe herunter. Ab 7 Uhr marschieren etwa 100 Ziegen im
Gaensemarsch aus dem Dorf hinauf auf den Berg, begleitet von den typischen Rufen, dem Singsang der
Ziegenhiertin. Und noch ein wenig spaeter – mittlerweile sitzen wir beim Fruehstueck – schlendert mehr
als dass es marschiert ein ganzes Batallion Soldaten den Wadi hinauf. Ueber uns fliegen immer wieder
Helicopter. Richtig was los hier! Wir packen zusammen, laufen dann mit Badesachen und
Shampooflasche ebenfalls den Wadi hinauf, finden viele Pools, suchen uns den groessten aus und
waschen uns alle genuesslich – mit ganz, ganz wenig Seife natuerlich! Ich kaemme anschliessend Tanjas
Haare, und wir laufen langsam zurueck. Wieder an „Unserer Kleinen Farm“ angekommen, sitzt dort ein
omanischer Touri-Fahrer mit zweien seiner Schueztlinge, einem aelteren belgischen Ehepaar. Ihnen war
die Wanderung zu beschwerlich, aber der Rest ihres Trupps sollte wohl von Masirat Al Rawajeh herunter
gelaufen kommen. Der Himmel ist mittlerweile grau verhangen, und der Omani sagt Regen an. Nun sind
wir total unsicher, was wir tun sollen. Fahren erstmal raus aus dem Wadi und kommen am Golden Tulip
Nizwa vorbei. Entscheiden, dort erst einmal einen Tee zu trinken und zu versuchen, ins Internet zu
kommen, damit wir einen Wetterbericht sehen. Gestaltet sich recht kompliziert, aber klappt schliesslich.
Wir entscheiden, in die Wahiba Sands zu fahren, weil uns da zumindest nix wegschwemmen kann. Rita
kneift mal wieder vor dem Draussenschlafen, hat Angst vor Sandsturm und Gewitter, und wir mieten
uns also im Camp ein. Ich telefoniere oder sms’e mit Heide, ob sie uns ein Camp empfehlen kann, falls
das Wetter auch dort zu schlecht ist zum Zelten. Sie raet uns zum Safari Camp. Wir googeln, rufen dort
an, treffen einen Inder in Mintarib, der uns zum Anfang der Piste begleitet, dann nach Sueden zeigt und
sagt „Immer geradeaus“! Aha. Wir finden es. Super Tip. Erleben den Sonnenuntergang von einer Duene,
die Nacht ist sternenklar, es ist vollkommen still. Ich Schisser! Abendessen und Fruehstueck im offenen
Esssaal – also keine Waende, nur ein Dach – mit vielen Deutschen. Aber unser Lager ist bildhuebsch: Ein
festes Haeuschen, getarnt als Beduinenzelt, huebsch eingerichtet, Mosquitonetze ueber den Betten,
Aussenbad ohne Dach, Fenster ohne Scheiben. Nachts gehen wir allemann auf’s Klo und bewundern
anschliessend den unglaublichen Sternenhimmel. Man muesste wach bleiben koennen in solchen
Naechten, um jeden Augenblick zu geniessen.
Montag, 7.3.2016
Beim Fruehstueck wieder viele Deutsche, ein japanisches Paar mit Fahrer, ein Englaender, auch mit
Fahrer. Sie defilieren alle an uns vorbei, als wir im Eingangszelt unseren letzten Morgenkaffee trinken.
Die Deutschen werden begleitet von einem deutschen Reiseleiter, der mit ihnen hergeflogen ist. Der
Englaender reist allein, ist DB-Banker ich weiss nicht wo, und will unbedingt mal nach Salalah. Legen
Josef nahe, sich an ihn zu halten, denn ich will da partout nicht mehr hin (Dauerthema auf dieser Reise,
wie die „Gumbe“ und die Teepausen mit Parathas. Ueberall stehen staendig Schilder, die die Entfernung
nach Salalh ansagen: Mal 945km, mal 765km, mal was weiss ich).
Fahren von Camp nochmal 20 km weiter rein in die Wahiba, Richtung Sueden, auf der Suche nach ein
paar Beduinen. Finden ein Kamelgehege mit einem jungen Bangladeschi, der einsam und allein ein paar
Kamele huetet, geduldig ihre Koedel auffegt. Wie muss der sich fuehlen? Stellen das Auto ab und laufen
auf ein paar Huetten oberhalb des Geheges zu, auf Beduinen hoffend. Es ist ein Ableger des SafariCamps, aber verwaist. Auf einer Duene trellert ein Vogel voller Hingabe und offenbar auf der Suche nach
einem Weibchen ein wunderschoenes und markantes Liedchen. Ueberlassen dem einsamen Bengali ein
paar Packungen Kekse und eine Flasche Wasser und fahren wieder Richtung Norgen, nach Mintarib.
Nachdem im Camp irgendwie keiner unser Geld fuer die Nacht wollte, rufen wir in Mintarib wieder
unseren Inder an und bringen ihm das Entgelt. Die haben echt Gottvertrauen!
Es ist mittlerweile mittags, und wir fahren Richtung Kueste, biegen in Asila Richtung Norden ab und
fahren an „unseren“ Fischerstrand suedlich von Ras Al Hadd, wo wir frueher schon Schildkroetengelege
gesehen und frisch geschluepfte zum Wasser getragen habe. Ein paar Fischer ziehen ihre Boote an Land
mit ihrem Fang. Waehrenddessen bauen wir unser Lager in einer Duenenmulde oberhalb der
Strandfelsplatten auf. Als wir eben fertig sind, zieht es duester herauf von Norden. Ich plaediere dafuer,
umzusiedeln in den Betonierten Unterstand, der eigentlich fuer die Fischer ist, den diese jedoch nicht
nuetzen. Wir verzurren das Zelt mit unseren guten alten Fallschirmseilen an den Betonsaeulen nach
allen Seiten, bauen unseren Tisch mit Blick auf’s Meer auf und gehen dann runter, den Fischern
zugucken. Waehrenddessen kommt ein Pickup den Strand runten, 3 Jungs springen ab und werfen
einen gewebten Plastikmehrlsack zwischen die Felsen ins Wasser. Josef springt hin, sammelt ihn auf und
traegt ihn zum Fahrer des Pickup – wahrscheinlich der Vater der Kinder. Es ist eine tote Ziege darin, und
Josef reicht ihm unsere Schaufel und bedeutet ihm, die Ziege wenigstens zu vergraben. MAcht er brav,
aber mit Sack. Josef sagt ihm: „Nein, ohne den Sack!“ Er ganz friedfertig: „Ok.“ Leert den Sack aus und
wirft ihn weg. Josef wieder: „Nein, so nicht, du musst den Sack in den Muellcontainer im Dorf werfen.“,
und wirft ihm den Sack auf den Pickup. Ich komme darueber dazu und halte dem Vater vor den Jungen
einen Vortrag ueber seine Vorbildfunktion, ueber die Schaedlichkeit von Plastik, sage ihm, seine Soehne
werden keinen Kinder zeugen koennen, weil sie dieses Plastikzeug ueber die Fische auffnehmen, die es
im Meer fressen,…. Muessig! Sie hoeren andaechtig und hoeflich zu und denken wahrscheinlich, wir
ticken nicht richtig. Wenig spaeter: Ein Fischer zeigt auf einen grossen runden Gegenstand, der an den
Strand gespuelt wird und sagt „Turtle! Turtle!“ Wir gehen hin und beobachten es, denken, diese
Schildkroete sei recht passiv, vielleicht vom Boot angefahren und verletzt, moechten keine
Taschenlampe einschalten, um sie nicht zu erschrecken. Nach einer Weile, wo dieser dunkle, runde
Koloss schinbar willenlos von der Duenung hin und her geworfen wird, macht Josef doch die
Taschenlampe an: Es ist ein prall gefuellter schwarzer Muellsack. Josef zieht ihn raus und uebergibt ihn
einem Fischer, dass er ih auf seinem Pickup mit ins Dorf nimmt und entsorgt. (Wir finden ihn am
naechsten Morgen im Sand wieder!) Josef rettet zwei Beifang-Rochen ins Meer zurueck. Schliesslich
gehen wir ins unser „Esszimmerle“, schaffen es gerade so eben, in Ruhe zu essen, als es anfaengt zu
regnen und zu wehen. Verkriechen uns ins Zelt, Tanja liest noch ein bisschen „Altes Land“ vor, und
schliesslich versuchen wir, zu schlafen. Dann kommen orkanartige Boeen, begleitet von Regen, der
untern den Untestand und gegen das Kopfende des Zeltes peitscht. Wir stehen alle drei im Zelt und
stemmen uns gegen die Zeltwand und halten die Zeltstangen fest. Schliesslich hilft alles nix mehr, und
Josef schickt uns in einer kurzen Regenpause ins Auto. Wir sitzen hier drinnen sicher und trocken, aber
nach ein paar Minuten schreie ich durch den tobenden Sturm nach Josef, er soll das Zelt Zelt sein lassen
und auch kommen. Wir daemmern im Auto ein. Links von uns graebt sich das Regenwasser eine breite
Rinne durch den Strand. Irgendwann wache ich von der Stille auf. Es ist vorbei! Sternenklarer Himmel.
Wir kriechen wieder ins Zelt. Dank der dicken Polsterung von unten ist unser Bettzeug fast trocken.
„Gute Idee, ins Bett zu gehen“, sagt Josef und schnarcht nach 10 Sekunden. Wir nicht viel spaeter.
Dienstag, 8.3.2016
Ich kann mich noch nicht recht aus dem Bett schaelen, doese noch vor mich hin, waehrend Tanja und
Josef am Strand entlang spazieren. Tanja sieht weiter oben am Strand was grosses, weisses, zeigt es
Josef und fragt, ob das wohl eine Plastiktuete oder ein Knochen sei. Es ist ein Walfischwirbel! Sie
schleppen ihn zum Zelt, und Josef ist der gluecklichste Mensch. Er hatte von so einem Fund getraeumt,
das war der grosse Motivator, mich zur Not doch noch zu einer Fahrt an der Kueste entlang bis runter
nach Salalah zu noetigen, weil ihm jemand in Dubai gesagt hatte, dass er genau dort einen gefunden
hatte. Gott sei Dank hat Tanja ihn hier oben gefunden und mir diese Fahrt erspart!
Es ist windig aber sonnenklar; waehrend wir mit Aussicht fruehstuecken, trocknet unser Zeltinhalt an
den Fallschirmseilen im Wind. Einer der Bootseigner vom Vortag ist ein bisschen klebrig, will nicht mehr
gehen, bis Josef ihn weg komplimentiert. Wir packen allmaehlich zusammen und fahren weiter Richtung
Norden, an Sur vorbei und hoffen, den Tag und die Nacht im Wadi Dayqa zu verbringen. Halten kurz am
Wadi Shab, wo die Touristen mit Boetchen ueber den Wadi-Eingang geschippert werden muessen,
entscheiden uns aber gegen die Massenveranstaltung (ein junger Omani, den wir nach der
Wetterprognose fragen, sagt, es wuerde wieder regnen und bietet uns an, im Majlis seiner Familie zu
uebrnachten. Aber wir fahren weiter. In den Wadi Dayqa kommen wir nicht rein. Er ist ueber die
gesamte riesige Breite unter Wasser. Nichts zu sehen von der Piste. Waere ohnehin zu gefaehrlich – alle
sagen, es wuerde wieder regnen am Nachmittag. Im flachen Teil vorn Richtung Muendung stehen die
Omanis mit ihren Autos und waschen diese mit Hingabe. Wir fahren weiter nach Quriyyat, auf der Suche
nach einem Schlafplatz. Dort selbst gibt es nichts – kein Gaestehaus, gar nix. Am Wadi Shab, wieder 90
km zurueck, gibt es das Wadi Shah Hotel oberhalb der Steilkueste. Finde muehsam mit Hilfe einer sehr
netten omanischen Familie die Nummer heraus und frage nach einem Zimmer. Die nehmen es von den
Lebenden! Mittlerweile ist es zugezogen, stockdunkle Wolken tuermen sich am Himmel, es wird
ungemuetlich, die Leute verschwinden in ihren Haeusern. Wir rufen Heide an und sie sagt nur: „Jetzt ist
es aber kein Abenteuer mehr!“ und, dass wir sofort zu ihr fahren sollen, denn es sei ein Orkan angesagt.
Bevor wir uns auf den Weg machen, trinken wir noch einen Tee in Qurriyat. Mittlerweile faengt es an zu
stuermen. Staub fliegt durch die Luft, und kaum sind wir im Auto, faengt der Regen an zu prasseln. Ich
glaube, wir alle haben noch nie solche Wassermassen gesehen! Wir kriechen mit anderen, die auch ein
bisschen spaet dran sind im Schritttempo durch mehrere Wadis, bis wir endlich auf der Autobahn sind.
Dort laeuft das Wasser in endlosen Wasserfaellen die Felswaende links und rechts der Autobahn entlang
herunter. Alle Wadis, die wir ueberqueren, sind mittlerweile zu reissenden, gurgelnden braunen
Fluessen geworden. Ueberall bahnt sich das unendlich viele Wasser seinen Weg, reisst alles mit, was ihm
im Weg liegt oder steht. Als wir ca 2 Stunden spaeter endlich die steile Strasse nach Qantab zu Heide
hinunter fahren, ist diese ueberspuelt mit Geroell. Bin ich froh und dankbar als wir heil bei Heide
ankommen! Sie sitzt mit Freundin Annette auf der Terrasse ihres neuen alten Haeuschens
(wunderschoen geworden – atmosphaerisch ein Gedicht!), hat uns eine superleckere Linsensuppe
gekocht, und die beiden sind schon ein bischen angetuetschert vom Vino, den wir dann auch sehr
geniessen nach unseren abstinenten Tagen. Wir stuerzen uns auf die Linsensuppe. In der Nacht blitzt,
donnert und regnet es, und wir liegen sicher im Trocknen. God bless Heide!
Mittwoch, 9.3.2016
Wir wollen Heide ein wenig Ruhe und Arbeitszeit goennen und fahren ungefruehstueckt nach Muttrah
rein. Heute ist Tanjas letzter Tag. Morgen fliegt sie am Spaetnachmittag nach Dubai und dann weiter
nach D. Wollen noch ein bisschen was von Muscat sehen mit ihr.
Halten auf dem Weg nach Muttrah an einer Stelle, wo ganz viele Toursten herum laufen. Fragen, was es
dort zu sehen gibt: Sultan Qabus‘ Palast; also sein Wohnsitz, wenn er in Muscat ist. Den Mittelpunkt
bietet der in Bonbonfarben gehaltene, wahrscheinlich urspruenliche Palast aus den 70’er oder 80’er
Jahren – halb Fellahen-kitschig, halb arabisch-sozialistischer Prunk. Links und rechts daran angeschlossen
die schoenere, neuere Variante. Alle lichten das wenig harmonische Ensemble pflichtschuldig ab. Eine
junge Omani, die wir nach Sinn und Zweck der Gebaeude fragen, erzaehlt uns, sie sei aus einem
Bergdorf, studiere aber hier in Muscat Fotografie und wohne im Studentenwohnheim. Alle Achtung!
Ganz schoen fortschrittlich! Irgendwann kommt ein junger Omani, mit Kamera bewaffnet, wie sie. Tanja
hatte ihn schon vorher bemerkt; er war um uns herum geschlichen, hatte sich aber nciht getraut, dazu
zu stossen. Aber wahrscheinlich verrann den beiden ihre Date-Zeit und so fasste er sich ein Herz und trat
dazu. Wir machen uns duenne.
In Muttrah ist die Hauptgasse durch den ueberdachten Suq, der der Hauptanziehungspunkt aller
Touristen ist, noch nass und voller Matsch vom letzten Regen. Offenbar ist diese Hauptgasse sozusagen
der Wadi! Ein Haendler erzaehlt uns, im vergangenen Winter sei jemand von den Fluten ins Meer
gerissen worden und ertrunken. Es ist sehr still, die meisten Laeden geschlossen und die Gasse fast
stockdunkel. Es ist kein Kreuzfahrtschiff im Hafen, und das Wetter ist lausig; so lohnt es wohl auch nicht,
zu oeffnen. Heide ruft uns an und zitiert uns zurueck nach Hause: es sei ein noch schlimmerer Orkan
angekuendigt als gestern. Wir machen uns gleich auf, sind aber zu spaet: Unten im Dorf ist der Wadi so
voll, dass wir nicht zu Heide durchfahren koennen. Sie weist uns an, weiter oben den Wadi ueber die
Bruecke zu ueberqueren, dann so weit runter zu fahren wie moeglich, das Auto vor dem Friedhofstor,
jedoch irgendwo oben, ueber Nacht zu parken und durch den Friedhof und ueber den kleinen Berg
hinter ihrem Haus zu ihr zu laufen. Wir kommen nass aber sicher bei ihr an. Dieser graessliche
dreistoeckige Neubau direkt auf dem Strand und an der Wadi-Muendung, hat den linksseitigen Ablauf
des Wadi verstopft, so dass das Wasser sich einen tiefen Graben durch den Strand geschaffen hat und
rechtsseitig die Asphaltdecke der Strasse weg gerissen hat. Wer immer diesem Bauherrn eine
Baugenehmigung gegeben hat, hat nicht alle Tassen im Schrank. Das Fundament des Hauses, im
Volksmund „The Bathroom“ genannt ob der mega-dekorativen Pseudo-Stein-Fassade, ist schon teilweise
unterspuelt. Es ist seit ueber einem Jahr fertig, aber bis auf den Watchman (den ich recht todesmutig
finde) lebt dort niemand.
Freue mich wieder ganz diebisch, bei Heide im Trocknen zu sein! Wie essen spaet, begleitet von
Gewitter und Sturm, gucken immer mal wieder, ob es irgendwo rein tropft (tut es im Gaestezimmer,
aber Gott sei Dank ist der Boden stark abschuessig Richtung Bad, so dass das Wasser in die richtige
Richtung fliesst) und schlafen schliesslich tief und fest ein.
Donnerstag ,10.3.2016
Leider Tanjas Abreisetag. Wir gehen wieder ohne Fruehstueck los, um Heide noch ein bissel Ruhe zu
goennen. Fahren zuerst zur Sultan Qabus Moschee. Absolutes Muss, wenn man in Muscat ist. Sie ist
riesig, von aussen jedoch eher unspektakulaer im Vergleich zur Sheikh Zayed Mosque in Abu Dhabi,
denn sie ist lehmbraun und eher eckig. Im Inneren jedoch ist sie unglaublich schoen, stellt die Sheikh
Zayed total in den Schatten. Sie ist schi’itisch gepraegt, hat also viele wunderschoene blaue Mosaiken.
Wirklich eine Augenweide. Josef hat einen Kaefig- und Grossstadtkoller und macht seine Wanderung
durch die Moschee allein. Tanja und ich gehen gegen Ende in die oeffentliche Bibliothek und beissen uns
in einem Buch ueber omanische Flora fest. Als wir uns endlich losreissen, ist Josef uns abhanden
gekommen. Aber alle, die wir fragen, haben ihn mit seinem omanischen Kopftuch gesehen und weisen
uns den Weg. Finden ihn am Auto wieder. Fahren anschliessend zur Amouage-Parfumfabrik. Amouage
wird in westlichen Parfuemerien fuer richtig viel Geld verkauft, und unsere Nachbarin in Dubai, Anita aus
Oesterreich, ist der Ansicht, die Fabrik gehoere unbedingt zu einer Muscat-Tour. Fanden wir nun gar
nicht. Erstens wird da nix selbst distilliert, nicht einmal das omanische Rosenoel, und zweitens stammen
noch nicht einmal Ingredienzen aus dem Oman, sondern werden hier nur zusammengeruehrt.
Ausserdem waren die Leute dort dermassen wenig motiviert bei der Sache, dass wir uns den Hype um
diese Fabrik nicht recht erklaeren koennen. Moechten nun noch die Oper besichtigen, finden aber leider
irgendwie den Zugang nicht, obwohl wir schon so oft auf der Stadtautobahn daran vorbei gefahren sind.
Stehen irgendwann mitten in dieser Stadt vor einem ca 200m breiten gurgelend braunen Wadi, vor uns
eine Reihe Autos, die alle ueberlegen, ob man da wohl durch kommt. Ein LKW hat es fast bis auf die
andere Seite geschafft, alle beobachten ihn gespannt. Aber ploetzlich bleibt er stehen und ruehrt sich
nicht mehr. Wohl keine gute Idee. Wir drehen um und gehen stattdessen an den Stadtstrand von
Muscat, parallel zum Botschaftsviertel (die Deutschen lassen sich nicht lumpen: super-schoenes
Anwesen direkt am Strand) und machen einen schoenen Spaziergang. Fahren zu Heide zurueck, vespern
gemuetlich mit ihr und fahren um 18:00 zum Flughafen und verabschieden uns von Tanja. Leider sind
nun von uns Drei Musketieren nur noch zwei uebrig.
Freitag, 11.3.2016
Wir sind frueh auf und kriegen nochmal Heides nahrhaftes und mega-gesundes Fruehstueck. Die Sonne
scheint und es ist Saunawetter nach dem Aufguss.
Endlich sind auch die Zelte trocken. Packen alles zusammen und machen uns wieder auf den Weg
Richtung Sur. Wollen zum White Beach bei Fins und muessen recht lange suchen, weil die Strandpiste
weg gespuelt ist und seit der neuen Autobahn nicht mehr gespurt wird. Schliesslich schlagen wir unser
Camp ganz am Ende auf, beobachten in dem kleinen Lagunenteich, der bei Ebbe fast ohne Wasser ist
und bei Flut eine Durchmesser von 50m hat, Flamingos, Reiher, aegyptische Geier und diverse kleinere
Wasservogelarten. Ein Stueckchen weiter picknickt eine Familie aus Quriyat. Josef geht eine Runde ins
Wasser, und ich gehe derweil die Familie begruessen. Spaeter kommen drei der Damen vorbei und
bringen uns Spiesse mit gegrilltem Ziegenfleisch. Wir werden hier staendig beschenkt! Es wird eine sehr
ruhige Nacht; wir schlafen im Tropenzelt und ich werde oft wach und beaeuge misstrauisch den Himmel,
der mich sternenklar auslacht.
Samstag, 12.3.2016
Es ist ein herrlicher Morgen, der Ozean glatt wie ein Teich. Wir beschliessen, den ganzen Tag und noch
eine Nacht zu bleiben, bauen zum ersten und einzigen Mal unser Sonnendach auf und geniessen den
ruhigen Tag in vollen Zuegen. Obwohl Wochenende ist und im Offroad-Fuehrer sogar erwaehnt wird,
dass es an Wochenenden recht vol sein kann, sind nur am anderen Ende des Strandes noch zwei Zelte zu
sehen. Irgendwann kommen ein paar Fischer, saegen von einem Kanister eine Seite ab, so dass sie eine
Art Eimer haben, nehmen eine Plastikiste und zwei LKW-Schlaeuche von ihrem Pick-up, legen sich
ruecklings in die Schlaeuche, rudern mit den Armen raus auf’s Meer und holen ihr Netz rein,
transportieren es wackelig paddelnd in der Kiste zurueck zum Strand und klauben dann ihren Fang aus
dem Netz in den selbstgebastelten Eimer. Josef geht inspizieren, was sie auf ihre dilettantische aber
doch einfallsreiche Weise gefangen haben und kommt, wie kann es anders sein, mit einem Fisch
zurueck, den sie ihm unbedingt schenken wollten. Zum Mittagessen Josef haut ihm den Kopf ab, nimmt
ihn aus, putzt, viertelt und braet ihn auf dem Grill. War sehr lecker, muss ich Fischmuffel zugeben.
Planschen anschliessend.
Haben hinter unserem Zelt in einer Felsspalte viel Muell gefunden und koennen ihn trotz redlicher
Bemuehung nicht ignorieren. Schlendern rueber zu den anderen Campern, um nach einer grossen
Muelltuete zu fragen. Das eine Zelt sind 2 deutsche Studenten aus Berlin, die mit ihrem klitzekleinen
Mietwaegelchen den Oman unsicher machen und anschliessend noch in den Iran wollen. Chapeau! Die
zweite Truppe sind Jungs und Maedchen unterschiedlicher Nationalitaeten mit Schwerpunkt arabisch.
Aber keiner hat einen Muellsack. Sie hatten auch schon Muell gesammelt, sagen sie uns. Wir opfern
schliesslich unsere kleinen Supermarkttueten und fuellen einen Haufen davon. Also unsere zwei LKWSchlauch-Fischer wieder kommen, um ihr Netz rauszuholen, bedanken wir uns mit Tee und Keksen
untern unserem Baldachin fuer das gute Mittagessen und buerden ihnen dafuer unseren gesammelten
Muell auf ihren Puck-up, damit sie ihn mit ins Dorf nehmen. Machen sie angeblich auch.
Wir geniessen den Tag, machen einen Spaziergang ueber die Felsen und laufen kurz vor Dunkelheit
zurueck, Josef liest mir im Licht unserer Camping-Lampe aus der „Zeit“ vor, bis uns die Mosquitos gar zu
laestig fallen und wir mit den Huehnern um 20:30 ins Bett kriechen.
Sonntag, 13.3.2016
Stehen um 6:00 auf. Wieder ein herrlicher Morgen, wieder ist der Ozean in Wirlichkeit ein Teich. Rochen
springen unaufheoerlich und uebermuetig aus dem Wasser, ihr weissen Baeuche leuchten. Die
Flamingos kommen zum Fruehstueck ueber uns hinweg segelnd zum Biotop. Die Geier finden sich ein
und postieren sich auf den Felsen um uns herum. Eine Ziegenhiertin treibt mit ihrem Singsang ihre
Herde aus dem Dorf; sie kommen bei uns vorbei und wir muessen alles sichern, was sie fressen
koennten (also eigentlich fast alles) und sie weiterscheuchen.
Um neun Uhr sind wir startklar und machen uns auf Richtung Masira Island, einer Insel unweit vom
Festland etwa auf Hoehe der suedlichen Spitze der Wahiba Sands. Kommen wieder an Wadi Dhabab
vorbei, der noch immer recht voller Wasser ist; man sieht mittlerweile aber immehin die Piste wieder,
die hinein fuehrt. Hinter Ras Al Hadd nur noch troslose Beduinendoerfer bis zum Suedende der Wahiba
Sands, danach nichts mehr. Links und rechts der Strasse immer wieder viel Wasser. Halten irgendwann
mittags in einem Strassendorf und trinken Tee in einer LKW-Fahrer-Spelunke. Josef bestellt noch einen
Fisch und fuettert mir ollem Maekler geduldig die graetenfreien Stueckchen. Fahren weiter auf der fast
autofreien Strasse und halten immer mal wieder am Strand. Sehen vier tote Schildkroeten. An manchen
Stellen reichen die Duenen der Wahiba Sands bis an die Strasse her. In Shanna nehmen wir die
Aurofaehre nach Masira. Die Fahrt soll eine Stunde dauern, aber unsere Faehre ist schon etwas betagt
und so stehen wir 1,5 Stunde lang zwischen 30 bengalsichen Fischern, die offenbar den Loewenanteil
der Bevoelkerung von Masira ausmachen und mit der Fischerei auch den groessten Wirtschaftsfaktor
am Laufen halten. (Ueberhaaupt ist die Aufgabenverteilung im gesamten Oman sehr uebersichtlich: Die
Omanis scheinen mehrheitlich bei Polizei und Militaer zu chillen, die Pakistanis bewirtschaften die
Farmen der Omanis und die Bengalis fahren die Fischerboote der Omanis, und die Inder machen alles
andere.) Kommen eine Stunde vor Dunkelheit an und suchen zu meiner Erleichterung ein Hotel. Zwei
Kuwaitis, die zum Fischen herkommen, empfehlen uns eines. Das nehmen wir: Danat Al Khaleej. Riesiges
sauberes Bett und funktionales Bad. Gehen nach dem Duschen nochmal los nach „Downtown“. Masira
ist 80 km lang und an der breitesten Stelle keine 10 km breit; es leben hier zwoelftausend Menschen
und es gibt einen Luftwaffenstuetzpunkt. Das einzige Staedtchen besteht aus einer Hauptstrasse mit
Laeden, Friseuren, indischen Fisch- und Paratha-Kaschemmen, Reinigungen und ein paar Schneidern. Ich
muss schon wieder Fisch essen, und der geduldige Josef seziert fuer mich. Es gibt alkoholfreies Bier
(holdrio!) mit dem neckischen Namen „Prostel“! Auf dem Schiff war ich die einizge Frau, und hier gibt es
auf der Strasse ein Handvoll – wie eingentlich immer hier.
Ab ins Bett!
Montag, 14.3.2016
Wachen mit den Huehnern auf, sind angenehm ueberrascht vom guten Fruehstueck und machen uns
dann auf Richtung der dem offenen Ozean zugewandten Ostseite der Insel. Wollen sie einmal
umrunden. 80km nichts. Hier und da verlassene Ziegenstaelle und Fischerhuetten, ab und zu Boote am
endlosen Sandstrand. Rechts der Strasse pechschwarze recht kleine Berge, teilweise ueberweht von
strahlend weissem Korallensand. Am Suedzipfel auf einem kleinen Stueckchen Felskueste hat jemand
eine sehr stabile Holzbank gebaut. Josef kocht Tee, und wir futtern Kekse dazu. Unterhalb von uns am
Strand taucht ein Auto mit ein paar Touristen auf – die einzigen Menschen bisher. Fahren wieder
nordwaerts auf der Suche nach einem geschuetzten Plaetzchen zum Campen. Wir gehen schnorcheln,
sehen aber nichts – kein Fisch, gar nichts. Falsche Jahreszeit, falscher Ort? Ich lege mich ins Auto, bruete
was aus. Blasenentzuendung. Waehrend ich ein Nickerchen mache, tauchen zwei Omanis im Auto auf,
ziehen sich Tauchanzuege in Tauchanzuege in Tarnfarbe an. Josef plaudert mit ihnen: Sie gehen mit
Speerharpunen ins Wasser, suchen ueber den flachen Felsen nach Tintenfischen. Sie haben schon eine
ganze Reihe davon im Kofferraum. Als ich wieder erwache, kommen sie von der anderen Seite der Bucht
mit leeren Haenden. War nix. Aber sie moechten uns einen Squid schenken; wir lehnen dankend ab,
wissen ja gar nichts damit anzufangen. Das ist kein Hinderungsgrund. Der Aeltere verwegen aussehende
besteht darauf, ihn fuer uns zuzubereiten. Wir stellen also Tisch und Stuehle raus, ich schnibbele
Gruenfutter und decke den Tisch. Der Verwegene nimmt im flachen Wasser den Squid mit zielstrebigen
und geuebten Handbewegungen auseinander, nimmt den vollkommen vom Koerper losgeloesten
Schwimmer heraus (dieses styroporaehnlich Ding, was wir unserern Kanarienvoegeln in den Kaefig
haengen), verletzt ausversehen eine der zwei Tintenblasen und flucht leise, rettet die zweite und
erklaert auf meine Frage hin, dass er die als Medikament verkauft. Ein paar Tropfen der Tinte mit Milch
getrunken seien gut fuer Knochenverletzungen. Bis auf die weissen gummiartigen Fleischteile aus dem
Koerper und den fast 2 m langen Tentakeln fliegt alles zurueck ins Meer. Der Rest wird zu Wuerfeln
geschnibbelt und in der Pfanne auf dem Grill gebraten. Nach dem gesunden Essen aus Tintenfisch und
rohem Gruenfutter gibt es noch ne Runde Kekse und Tee von uns. Ich habe die ganze Zeit kein Arabisch
gesprochen, und Josef bestreitet das Tischgespraech mit den beiden. Sie merken gar nicht, dass er mich
immer mal wieder nach Vokabeln fragt. Kurz vor Dunkelheit verschwinden unsere beiden Koeche mit
ihrem Kofferraum voller Tintenfisch (von Kuehlkette kann keine Rede sein), und Josef und ich packen
zusammen und fluechten wieder ins Hotel, weil es mit nicht so recht gut geht da draussen.
Dienstag, 17.3.2016
Morgens im Fruehstuecksraum ein aelteres Franzosenehepaar, das auch wacker und allein den Oman
bereist, ohne 4-WD. Wir fahren noch einmal auf die Ostseite der Insel, finden mitten im Nichts einen
Brunnen, aus dem Josef unseren Wasserbehaelter auffuellt. Ein junges omanisches Flitterwochenpaar
steigt aus dem Auto und plaudert mit uns, bittet mit uns fotografiert zu werden. Die junge Frau hat ihren
Schleier nicht for dem Gesicht, und sogar ihre Haare sind sichtbar, aber fuer das Foto verhuellt sie sich.
Ich glaube, ihr frischgebackener Ehemann will ihr demonstieren, dass er ein Mann von Welt ist.
Josef geht spaeter mit Schnorchelzeug ins Wasser, sieht aber auch dieses Mal fast nichts. Seltsam! Soll
so fischreich sein hier. Meiner Blase geht es noch immer nicht gut, und ich moechte von dieser fuer mich
trostlosen, fuer Josef sehr spannenden Insel weg. Ueberall liegen Rochenkadaver – wahrscheinlich
unerwuenschter Beifang.
Wir fahren zur Faehre zurueck, gehen nach dem Ablegen wieder ins Auto, und ich schlafe. Die Faehre
hat eine ganz niedrige Reiling, so dass man vom Autofenster aus direkt ins Wasser schaut und das
Gefuehl hat, direkt im Wasser zu sitzen. Schoene Ueberfahrt.
Wir ueberlegen, ob wir in den Wahiba Sands uebernachten, entscheiden uns dann aber fuer den Strand.
Finden einen Abschnitt mit danischer Duenenlandschaft, ein bisschen geschuetzt vor dem Wind, und
bauen unsere Laegerle auf. Hinter den Duenen ein endloser, breiter Strand, der nachgerade paradiesisch
waere, wenn er nicht dort, wo die Flut hinreicht, gesaeumt waere von Muell. Es ist wirklich traurig und
deprimierend, was Plastik aus dieser Welt macht. Besonders aus der Dritten Welt. Machen nach dem
Essen einen Nachtspaziergang am Strand. Jetzt ist es dunkel, und man sieht den Muellsaum nicht mehr.
Ganz weit weg tauchen Autoscheinwerfer am Strand auf; ist uns irgendwie unheimlich, und wir machen
uns auf den Rueckweg. Sind wahrscheinlich Fischer, die da noch Boote an Land ziehen und Netze leeren.
Finden ein Fischernetz, in dem ein riesiger Fischkadaver fest eingewickelt ist wie ein Rollbraten –
wahrscheinlich ein Delphin. Auch gibt es wieder viele tote Schildkroeten. Josef inspiziert jeden Kadaver
mit grossem Interesse; mir reicht’s dann langsam mit den Leichen.
Die Nacht ist windig, aber wir sind gut geschuetzt zwischen Auto und Duenen und koennen gut schlafen.
Mittwoch, 16.3.2016
Sind wie immer frueh auf, fruehstuecken, packen zusammen und machen dann noch einen
Strandspaziergang und baden. Wenn man es schafft, den Muell zu ignorieren, ist es herrlich! Unendlich
viele Kormorane und Moewen ziehen ueber uns hinweg – wahrscheinlich an einen Fischerstrand, zu dem
wir gestern weiter suedlich eine Abstecher gemacht hatten. Da sassen tausende von Moewen; wir sind
aber rasch wieder gefluechtet, weil etwa ebensoviele leere Oelkansister, Plastikflaschen, etc. herum
lagen. Die Menschen hier haben kein Empfinden dafuer, dass es haesslich ist. Dass es giftig ist, wissen
sie nicht.
Fahren wieder zurueck Richtung Sur. Machen eine kurze Teepause in einem Strassendorf. Plaudern mit
einem jungen Bengali, der dort eine Laden fuer Dokha fuehrt – jener Art Tabak, die die Golfaraber aus
ihren winzigen Pfeifchen rauchen und von dem man nicht so recht weiss, wie er wirkt und wie
schaedlich er ist.
Wir fahren etwa auf Hoehe von Fins rauf Richtung Salmah Plateau. Suchen uns einen Schlafplatz auf
halber Hoehe. Es ist ein kleiner Stichweg, der von der Hauptpiste Richtung Plateau abzweigt. Haben eine
herrliche Aussicht auf die Schlucht unter uns – Winnetou-Panorama, in der Ferne der Ozean. Ich bin
wieder ich selbst. Bin froh, wieder in den Bergen zu sein und weder Fischkadaver, noch Muell, noch
diese rauhen, ungehobelten, halb Beduinen, halb Fischer sehen zu muessen. Hier laufen Esel und Ziegen
herum, und alles ist vertraut und nett. Josef verwertet unseren mittlerweile aufgeweichten Goudakaese
zu Kaesespaetzle. Super lecker! Von unserem Platz aus sehen wir Steinmanderl, die ich morgen
unbedingt untersuchen muss. Wer weiss, wo sie hin fuehren! Die Nacht ist wunderbar ruhig und ich
fuehle mich sauwohl in unserem Tropenzelt.
Donnerstag, 17.3.2016
Frueh morgens kommt eine Hirtin, ausgeruestet mit einem langen Stecken und einem Buendel daran
geknotet (ganz wie in alten deutschen Volksliedern – nur in anderem Aufzug: knallbuntes Gewand, das
sie rasch vor ihr Gesicht zieht, als sie uns gewahr wird; Stoffschuhe mit Baendern um die Waden
gewickelt) mit einer riesigen Ziegenherde, die sie mit ihrem Gesang den steilen Berg hinauf scheucht.
Sie geht gar nicht auf der Piste, sondern ganz entspannt querfeldein.
Nach dem Fruehstueck, packen wir das Auto und laufen dann mit Rucksack, Wasser und Keksen
bewaffnet, den Stichweg bis zuende, gehen der Nase nach und finden einen Pfad, folgen ihm und
gelangen hinunter in eines jener unzaehligen und voellig unwahrscheinlichen Doerfer am Fusse eines
Wadis: Riesige unzaehige Terrassen mit Palmen, Mangos, Zitrus, ueppige Bananenbaeume… alles, was
das Herz begehrt. Kleine Lehmhaeuser in den Berg gebaut, in gepflegtem Zustand aber leer stehend,
hier und da riesige Ton-Amphoren, wie wenn die Besitzer mal eben kurz um die Ecke sind und gleich
wiederkommen. Unten im Tal ein Fluesschen mit glasklarem Wasser, das sehr zum Baden einlaedt.
Allein es geht nicht: Es sind ein paar pakistanische Farmarbeiter unterwegs. Unten im Flussbett
angekommen, laufen wir noch ein Stueck flussaufwaerts. Aber es zieht schon wieder zu, und ich
draenge, dass wir wieder ein Stueck aus dem Wadi raus gehen. Es kommt uns ein Pakistani mit 3
Eselchen entgegen; ich loechere ihn ein bisschen, und er erzaehlt, es leben sechs Arbeiter wie er hier im
Dorf. Die urspruenglichen Bewohner und Eigentuemer sind runter ins Tal oder rauf auf’s Plateau
gezogen. Aber sie lassen alles pflegen und leben zumindest zum Teil noch immer von dem, was ihre
kleinen Aecker hergeben. Ich frage ihn, was die Esel tun, und er erklaert, er hole Sand aus dem
Wadibett, um weiter oben den Falaj auszubessern.
Josef und ich laufen wieder hoch. Vom Auto aus ahnt man ueberhaupt nicht, welch ein gruenes Paradies
sich dort unten befindet. Wir fahren weiter auf’s Plateu, wollen die Majlis Al Jinn Caves (woertlich:
Versammlungsplatz der Geister) sehen. Bisher sind wir an diesem Plateau immer achtlos vorbei
gefahren. „Maps me“ fuehrt uns in einen kleinen Weiler mit 5 Haeusern. Stuende dort nicht ein grosses
Schild mit eine Karte und einigen Erklaerungen zur Hoehle, man wuerde nichts davon ahnen. Es sind
ganz nah um dieses Dorf herum 3 riesige Loecher im Boden – voellig ungesichert und ohne Warnschild;
das Dorf steht auf einer recht duennen Kruste und darunter geht es bis zu 180m tief in eine riesige
Hoehle, die der Laenge nach 3, der Breite nach 2 Jumbojets aufnehmen koennte. Ein paar Jungen
kommen und verkaufen uns wilden Thymian, den sie dort oben sammeln. Ich frage sie, ob denn nie
Kinder oder Ziegen hinein fallen, aber sie meinen, nein. Naja. Ploetzlich ergiessen sich hundert Ziegen
laut meckernd in das Dorf, und einer der Boecke hat es so noetig, dass er unaufhoerlich unter lautem
Gemecker und anderen sehr seltsamen Balzgeraeuschen diversen Ziegen nachstellt, die alle eine nach
der anderen vor ihm fluechten. Er scheint nicht sehr beliebt in der Damenwelt.
Die Jungen erzaehlen, dass immer wieder Leute kommen, aber nicht jeden Tag und nicht viele. Man
kann in die Hoehle nur mit Fuehrer und Abseil-Ausruestung. Es wurde nie ein Zugang gebaut. Anderswo
waere das die Ober-Touristenattraktion mit allem Schnickschnack – wie die Baerenhoehle, die aber im
Vergleich Pipifax ist. Das macht wohl den Charme dieses Landes aus. Es gibt bisher nur wenige Ecken, die
unangenehm erschlossen und ueberlaufen sind. Die Jungen sagen, die Farmen im schoenen Wadi unten
gehoerten ihrem Clan. Auch die Haeuseransammlung neben unserem Schlafplatz sei Verwandtschaft,
und man wuerde an den Wochenenden noch hinunter gehen in den Wadi.
Wollen ueber eine andere Piste, die im Offroad-Fuehrer eingezeichnet ist, wieder runter zur Kueste.
aber leider ist die nach dem letzten Regen noch nicht gespurt, und es wird wirklich kriminell. Wir
muessen Steine schichten, wegraeumen, etc. um durchzukommen. Enden in einer Sackgasse. Muessen
umdrehen, biegen woanders ab. Mapsme hilft. Finden schliesslich die Piste runter. Hoffen wieder auf so
einen schoenen Schlafplatz wie letzte Nacht. Finden erst oben auf dem Plateau etwas, direkt vor dem
Abstieg. Aber der Platz ist offenbar beliebt und die Camper haben freundlicherweise ihren Muell ueber
die Felsen nach unten geworfen. Nun stinkt es wie auf einer Muellkippe. Wir fahren weiter und finden
einen guten Platz auf halber Hoehe – dieses Mal mit Panoramablick ueber den Ozean. Es ist wieder eine
sehr ruhige Nacht; nur ein Esel kommt und beaeugt das Zelt. Ich verschlafe es, aber Josef hoert ihn
rumoren.
Freitag, 18.3.2015
Fahren nach dem Fruehstueck runter zum Wadi Shab und beschliessen, ihn endlich mal zu besichtigen.
Es stehen nur 3 Auto auf dem Parkplatz, obwohl Wochenende ist. Aber es ist natuerlich auch noch sehr
frueh. Lassen uns mit dem Boetchen uebersetzen auf die andere Seite des kleinen Sees, der den Eingang
zum Wadi versperrt, und laufen los. Es ist viel schoener als erwartet. Es sind bisher kaum Leute
unterwegs, es liegt kein Muell herum (Heide erklaert spaeter, warum: der letzte grosse Regen hat alles
mitgenommen und ins Meer gespuelt, wo es die Wellen dann wieder an die Straende spuelen – so
schliesst sich der Kreis!), und der Canyon ist wirklich schoen. Irgendwann ist der offensichtlich Weg
zuende, obwohl er mit Sicherheit noch endlos weitergeht als Eselspfad, und wir wollen auch gar nicht
endlos wandern. Hier sind grosse Pools, und ein junger Azerbaidjaner erzaehlt uns, man koenne
durchschimmen bis zu einer Hoehle! Spannend. Fragen ihn, ob er und seine Kumpel auf unsere Sachen
aufpassen koennen. Lassen die Sportschuhe an, falls man teilweise laufen muss und gehen ins Wasser,
schwimmen, waten und laufen ca 20 Minuten und kommen dann an eine Stelle, wo zwei Felsen im
Wasser nur ein sehr schmale Luecke lassen, durch die man hindurch schwimmen, ja nach Wasserstand,
hindurch tauchen muss. Am anderen Ende des ca 20 m langen Tunnels ist eine Hoehle von ca 20m
Durchmesser, in die von oben ein tosender Wasserfall stuerzt. Sehr dramatisch. Mittlweile sind deutlich
mehr Leute hier, was uns aber nach all der Zweisamkeit gar nichts ausmacht. Plaudern hier, plaudern da.
Als wir zurueck sind bei unseren Sachen, machen wir Kekspicknick, ziehen uns langsam wieder an und
laufen allmaehlich zurueck. Parallel mit uns laeuft die ganze Zeit ein junges hollaendisches Paerchen, mit
dem wir recht viel austauschen. Sie sind beide sehr engagiert. Sie arbeitet in Holland fuer eine NGO, die
untersucht, inwiefern grosse Konzerne Umwelt, Menschenrechte, Arbeitsrecht, etc. negativ
beieinflussen, und dann mit den gesammelten Daten versucht, auf die niederlaendische Regierung
Druck auszuueben, damit diese etwas dagegen tut. Der junge Mann ist Bauingenieur und hat in Afrika
eine Baufirma gegruendet, die ???????????????????
Waehrend wir rauslaufen aus dem Wadi, zieht allmaehlich der Himmel zu. Unwetter mit Ansage, denn
fuer heute und die naechsten zwei Tage haben mehrere Leute uns Regen und Sturm voraus gesagt. Als
wir gerade mit dem Boetchen wieder am Parkplatz ankommen, kommen ploetzlich starke Windboen,
die Staub und Dreck aufwirbeln. Es ist wie die Woche zuvor in Quriyat unmittalbar vor dem grossen
Unwetter. Wir ueberlegen, was wir tun sollen: NAch Sur ins Hotel und das Unwetter aussitzen?
Andererseits haben wir nun fast drei Wochen Abenteuer hinter uns und ich draengele ein bisschen nach
Dubai, weil wir noch so viel zu tun haben, bevor wie nach D muessen. Zaehneknirschend fuegt sich Josef.
Er trauert, wuerde gern noch ein bisschen vagabundieren. Ich rufe Heide an und frage, ob wir noch
einmal kommem duerfen. Sie heisst uns herzlich willkommen, und es wird ein schoener Abend und ein
schoener Vormittag bei ihr. Wir gehen mit Heide unseren gesamten Bestand durch und vererben ihr viel
von unserem Camping-Geraffel. Freuen uns, dass es somit noch weiter genuetzt wird, da man mit den
meisten Dingen in D nichts anfangen kann, und weil uns die Fracht nach Deutschland das zehnfache des
Wertes kosten wuerde.
Fahren schliesslich um die Mittagszeit bei Heide los, nachdem wir uns nun doch nach 9 Jahren
zusammen mit ihr in der Golfregion so ausgiebig von ihr verabschieden konnten. Fahren kurz nach
Muttrah, wo Josef ganz dringend nochmal Weihrauch kaufen muss und machen uns auf den Weg nach
Dubai. Unspektakulaere Fahrt. Kommen nach 3787km um 21:45 im Ramada Jumeira, das fuer die
letzten 10 Tage in diesem Teil der Erde unser Zuhause wird, in Dubai an.